Schwierigkeiten in Partnerschaften und Freundschaften sind ein häufiges Thema in meinen Einzelsitzungen und Gruppentrainings. Impulsives, aggressives und abwertendes Verhalten oder eifersüchtiges Klammern führen zu massiven Verlustängsten. Viele Klientinnen erleben sich selbst als manipulativ. Oft ist das Verständnis für die negativen Auswirkungen der eigenen Verhaltensweisen schon da, doch aus diesen Mustern auszusteigen, scheint kaum möglich zu sein. Dann kommt meistens noch der Selbsthass oben drauf, weil man sich ständig dabei zusieht, wie man dasselbe Drama wiederholt und Partner*innen drohen, sich zu trennen. In diesem Blogartikel gebe ich dir einen kurzen Einblick, wie diese Muster entstehen und wie du aus diesen dysfunktionalen Automatismen aussteigen kannst.
Prägende Erfahrungen
In den ersten Monaten und Jahren unseres Lebens werden die Grundlagen unseres Nervensystems und unserer zwischenmenschlichen Beziehungen gelegt. Unsere Erfahrungen mit unseren engsten Bezugspersonen prägen maßgeblich, wie wir uns selbst und andere später wahrnehmen und mit ihnen interagieren. Insbesondere spielt die Qualität der Co-Regulation eine zentrale Rolle, also wie einfühlsam und zuverlässig unsere Bezugspersonen auf unsere Bedürfnisse reagieren.
Ein gesundes und ausgeglichenes Nervensystem entwickelt sich in einer Umgebung, die dem Baby Sicherheit, Geborgenheit und regelmäßige emotionale Regulation bietet. Wenn ein Kind von seinen Bezugspersonen effektiv reguliert wird, lernt es, sich selbst zu beruhigen und auf sich selbst zu vertrauen. Es kann sich ein sicherer Bindungsstil entwickeln, der von Vertrauen, Offenheit und einer gesunden Selbstregulation geprägt ist. Menschen mit diesem Stil können sich auf ihre Partner verlassen und fühlen sich in ihren Beziehungen sicher und geborgen. Sie genießen es, in Kontakt zu geliebten Menschen zu sein und haben gleichzeitig keine Angst davor, Zeit allein zu verbringen. Sie haben ein stabiles positives Selbstbild, das nicht von der Bestätigung der Partner*innen abhängt. Hört sich gut an, trifft aber nicht auf dich zu?
Vermutlich hat dir die Regulation von außen als Kind gefehlt oder war unzuverlässig. Dies kann zu Schwierigkeiten in der Selbstregulation und später zu ungünstigen Beziehungsdynamiken führen.
Ist dein Nervensystem aus der Balance, schießt du bei den leisesten Anzeichen von Gefahr auf 180. Gefahr bedeutet hier, dich verletzt zu fühlen, nicht wahrgenommen, beschämt, klein und unbeholfen, ohnmächtig oder anhängig. Und vieles mehr. Unser System versucht uns vor der emotionalen Verletzung durch ehemals sinnvolle Gedanken und Handlungsschemata zu schützen. Angriff, Unterwerfung der eigenen Bedürfnisse, Rückzug oder Erstarrung sind typische Reaktionen.
Unsichere Bindungsstile
Ein dysreguliertes Nervensystem kann sich auf verschiedene Weisen manifestieren und zu unsicheren Bindungsstilen führen. Der ängstliche Bindungsstil ist geprägt von starker Verlustangst und dem Bedürfnis nach Bestätigung und Nähe. Menschen mit diesem Bindungsstil klammern sich oft stark an ihre Partner*innen und fühlen sich unsicher, wenn sie nicht genügend Aufmerksamkeit erhalten. Auf der anderen Seite gibt es den vermeidenden Bindungsstil, bei dem Menschen Unabhängigkeit und Distanz bevorzugen. Sie meiden oft intensive emotionale Bindungen und zeigen wenig Bedürfnis nach Nähe oder Unterstützung. Eine weitere Variante ist der desorganisierte Bindungsstil, der durch unstetes Verhalten in Beziehungen gekennzeichnet ist. Menschen mit diesem Bindungsstil können zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Angst vor Verletzungen hin- und hergerissen sein. Sie haben oft Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen und ihre eigenen Emotionen zu regulieren. Erkennst du dich in einer Variante wieder?
Die gute Nachricht ist, dass Selbstregulation auch im Erwachsenenalter erlernt und verbessert werden kann. Durch gezielte Arbeit mit deinem Nervensystem und den zugrunde liegenden Bindungsmustern kannst du deine Beziehungsfähigkeit stärken und gesündere Beziehungen aufbauen. In meinen Einzelbegleitungen und Gruppentrainings lernst du verschiedene Tools kennen, um dich aus den dysfunktionalen Mustern allmählich rauszuholen. Ich nenne dir die wesentlichen Schritte:
- Lerne dein Nervensystem durch Stress-Skills wie z.B. Körper-Übungen, Achtsamkeit und Selbstmitgefühl zu regulieren.
- Erkenne den guten Grund hinter deinen alten Bewältigungsstrategien und entwickle die Bereitschaft und Fähigkeit, dich deinen unangenehmen und verletzlichen Gefühlen zuzuwenden und sie zu erleben.
- Fördere die Werte und Eigenschaften, die du als erwachsener Mensch in Beziehungen leben willst.
- Komm in deinem Erwachsenen-Ich an und erlaube dir neue Beziehungserfahrungen.
- Entwickle hilfreiche Kommunikationsstrategien.
Den meisten Menschen fällt es unheimlich schwer, alleine aus diesen belastenden Mustern auszusteigen. Scheue dich nicht, dir hier professionelle Begleitung zu suchen.